Frau Dr. Erika Neuling – Bowien, die Schwester von Erwin Bowien, war eine bekannte Ärztin in Hannoversch Münden wo Sie sich 1932, nach Ihrem Studium der Medizin in Freiburg im Breisgau, niederließ und bis ins hohe Alter praktizierte. Zuerst mietete Sie eine schöne helle Wohnung und Praxisräume an der alten Werrabrücke mit Blick auf den Fluss. Da die Praxis aber nicht direkt in der Altstadt lag, sondern etwas randlich, zog sie um und fand in der Langenstraße eine Etage in einem alten Fachwerkhaus zur Miete. In diesem Haus starb Sie 1986. (Auf dem Foto das Fachwerkhaus mit dem Drogerieschild in der 1. Etage). Dort wurde Erwin Bowien, nachdem er notgedrungen sein Exil in Holland verlassen musste, eine Zeitlang versteckt.
Nach dem Krieg kam er regelmäßig für Malaufenthalte in die Stadt und Hannoversch Münden wurde zu einem regelmäßigen Fixpunkt von Erwin Bowien, in welchem er jährlich weilte und malte. Er schuf dort zahlreiche Werke. Das Heimatmuseum der Stadt im Welfenschloss wurde in den fünfziger Jahren mit einer Ausstellung von Erwin Bowien neu eröffnet. Auch seine Schüler von der Künstlerkolonie zum schwarzen Haus waren dort tätig. Die städtische Kunstsammlung besitzt ein Werk des Meisters.
Erwin du Wien verließ 1942 endgültig die Niederlande. Ohne gültige Militärpapiere zog er von Ort zu Ort quer durch Deutschland und vermied es länger als sechs Wochen an einem Ort zu bleiben. Diese Regel verletzte er nur einmal in Augsburg. Er verkaufte dort so viele Gemälde und war so erfolgreich, dass er seine Vorsicht fahren ließ und im Jahr 1943 ein halbes Jahr blieb. Dies sollte ihm fast zum Verhängnis werden, da er angezeigt wurde und nur knapp der Verhaftung durch die Gestapo entging. Dreißig seiner Gemälde wurden im Auftrag der Reichskulturkammer Beschlagnahmt. Bowien floh ins Kreuzthal.
Als Erwin Bowien 1942 die Niederlande endgültig verließ, unternahm er eine spektakuläre Flucht durch das Deutsche Reich und das Elsass. Die Etappen dieser Flucht sind noch nicht alle erforscht, folgende Stationen sind bekannt: Solingen - Hannoversch Münden - Haus Ahse bei Soest - Augsburg - Garmisch Partenkirchen – Mittenwald - Kreuztal-Eisenbach - Weil am Rhein - Thann im Elsass.
In Konstanz lernte Erwin Bowien durch einen Zufall die Familie, des „Bodenseeförsters“ Enzenroß kennen, welcher – in den Diensten des Prinzen Max von Baden stehend – seinen Amts- und Wohnsitz im alten Sommerschloss der Salemer Äbte, im Jagdschloss am Killenberg nahe Konstanz innehatte. Diese Bekanntschaft sollte schicksalhaft für den jungen Künstler werden und nachhaltig auf sein Leben einwirken. Besonders zu der Gattin des Bodenseeförsters – Frieda Enzenroß – entstand eine innige Bindung. Sie wurde seine erste große Muse. Erwin Bowien verbrachte viel Zeit im zum Forsthaus umgewandelten Schloss und konnte dort die ganze ländliche Welt malen. Er schreibt in seinen Memoiren: „… Das Haus war einmal Sommersitz der Äbte von Salem gewesen und hatte nicht nur ein Kapellchen mit alten Fresken, sondern auch ein Keller, der als Mostlager diente und den sowohl die Hühner als auch der Dackel und die Ziege besuchten, um dort den übergelaufenen Most zu trinken, was sich merklich an ihrem Gange zeigte …“ Seine Freundschaften mit der Familie vertiefte sich so sehr, dass er regelrecht „adoptiert“ wurde. Bis zu seinem Exil nach Holland kam er in den 1920er Jahre regelmäßig ins Forsthaus zu Besuch und verbrachte dort viele Monate im Jahr. Die Hausherrin – Frieda Enzenroß – stand ihm oft Modell und unternahm mit ihm Reisen, vorrangig ins Tessin und nach Venedig. Er hatte mit Ihr einen Regen geistigen Austausch. Von der jüngsten Tochter der Familie – Ruth Enzenroß – wurde er der Patenonkel und sein Gemälde der Familie Enzenroß auf einem Bodenseedampfer gehört zu seinen ersten Hauptwerken. Frieda Enzenroß starb 1965. Der Künstler blieb bis zu seinem Tode der Familie verbunden.
In Berlin besaß der Vater des Künstlers um die Jahrhundertwende mehrere Häuser die er in Charlottenburg gebaut hatte. Das erste befand sich in der Pestalozzistraße und das weit größere mit Hinterhaus an der Stelle des alten Waisenhauses an der Luisen-Kirche in der Scharrenstrasse. Dort verbrachte der Maler seine frühsten Kindheitstage. Von dort war es nicht mehr weit bis zum Charlottenburger Schlosspark. Mit 8 Jahren, kurz vor seinem Umzug in die Schweiz, verbrachte der junge Bowien gerne seine freien Nachmittage in diesem Park. Am großen Rundbeet unter den hohen Bäumen saß oft ein Mann mit einem Pastellkasten – Bowien vermutete später, dass es vielleicht Lesser Ury gewesen sei - welcher meisterhafte Pastellbilder schuf. Dies beglückte den kleinen Erwin und es keimte in Ihm die Lust es dem Maler nachzutun. Im großen Haus der Bowiens befand sich auch das Gasthaus zur „Pommersche Wirtin“ wo es für den Jungen Bowien immer etwas zu sehen und zu hören gab. Hier erlernte er das Berliner „ Miljöh“.
Als er mit 18 Jahren in der Schweiz eingezogen wurde, um an die Westfront zu kommen, kam er für kurze Zeit erneut nach Berlin zur Dolmetscherschule wo er die letzte Phase des Kaiserlichen Berlins
erlebte.
Später erfolgte in Berlin, in den wilden zwanziger Jahren seine Ausbildung zum Kunsterzieher. In dieser Zeit wohnte er bei einer Halbjapanerin und ihrem Mann in Berlin - Friedenau. Es war die Zeit wo er auch den großen Kunsthistoriker Oskar Fischel kennen und schätzen lernte welcher Ihn
zeitlebens prägen sollte und den er kurz vor seinem Tode im holländischen Exil auf dramatischer Weise noch einmal begegnen sollte.
Kurz nach Krieg und Demobilisierung schrieb sich Bowien in die Münchener Kunstakademie ein. Hier besuchte er die malklasse für dekorative Wandmalerei bei Professor Robert Engels. Hier erlebte er das Münchener Treiben: Verkaufsbuden mit Kindern, Karussells, Einzelpaare, das ganze unbeschreibliche Münchener Volksleben.
Er erlebte den berühmten Arzt Sauerbruch. Besondere Freundschaft schloss er mit dem Maler Karl Caim der später im Rahmen des Euthanasie-Programms während des Zweiten Weltkriegs in einer Heilanstalt umkam. Es war aber für Ihn eine Zeit der bitteren Armut. Von seinen Arbeiten aus dieser Zeit sind nur wenige bekannt.
Erwin Bowien lebte in der letzten Phase seiner akademischen Bildung für ein halbes Jahr in Dresden. Die Kunststadt faszinierte ihn und der Eindruck der Brühlschen Terassen war für Ihn überwältigend. Damals malte Kokoschka in Dresden. Er unterrichtete an der Akademie, aber Bowien wollte nicht zu ihm gehen. Er fürchtete sich vor seiner Egozentrizität. So schrieb er sich in der Malklasse von Professor Richardt Müller ein. Dieser erklärt ihn für „fertig“. Bowien der in Blasewitz wohnte, malte die Gegend und sollte lebenslänglich bis zu seinem Tode mit dem bekannten Dresdner Kunstprofessor Alfred Hesse (1904-1988) befreundet bleiben.
Der Maler verbrachte das Jahr 1924 in Hechingen unterm Zollernberg im heutigen Baden-Württemberg wo er ein Probejahr als Kunsterzieher absolvierte. Er wohnte im Gasthaus „zur Linde“ bei einer Wirtin die perfekt Französisch sprach. Es entstanden viele Gemälde in und um Hechingen und er hatte große Freude die Kinder zu unterrichten.
Erwin Bowien verbrachte seine Jugend im Haus Maujobia Nummer 07 in Neuchâtel in
der französischen Schweiz. Es war ein großes ländliches Anwesen und gehörte der bekannten Familie Petitpierre. Der Sohn des Inhabers war sein Klassenkamerad
und wurde später Bundespräsident der Eidgenossenschaft. Das Haus lag direkt an der obersten Grenze der Weinberge. Auf einer Terrasse stand ein zweistöckiges Haus. Zwei mächtige Pappeln formten
grüne Türme rechts und links an der Fassade, und eine weitere Treppe führte auf eine Terrasse mit zwölf Linden und einem kleinen Rokokobrunnen mit einem sehr
schönen Panoramablick auf den Neuenburger See. Links vom Haus befand sich zudem ein großer Obstgarten. Dieses Anwesen sollte in der Erinnerung des Künstlers mit der glücklichsten Zeit seines
Lebens verbunden bleiben. Die Familie Bowien war Anfang des 20. Jahrhunderts von Berlin ins schweizerische Neuenburg umgezogen. So wuchs der kleine Erwin in
einer französischsprachigen Umgebung auf. Er schreibt in seinen Memoiren, dass er dort im Januar 1916 auch die schicksalsschwere Entscheidung fällte – gegen den ausdrücklichen Willes seines Vaters – Maler zu werden. Seine erste künstlerische Ausbildung erfuhr er in Neuenburg. In Neuchâtel und Umgebung
entstand das Jugendwerk Bowiens und er schuf zahlreiche Gemälde und Skizzen. In Neuenburg fand auch in der Galerie „à la Rose d‘ or“, die erste Ausstellung des Künstlers im Jahre 1917 statt.
Neben Neuenburg entstanden im Kanton auch Bilder in Serrières wo die Schokoladenfirma Suchard – deren Inhaber Carl Russ
ein Förderer des jungen Bowiens war – ihren Sitz hatte. Er malte aber auch in Colombier, in La Chaux-de-Fonds, in
Le Landeron und in Bòle und in der Schlucht der Areuse. Als er 1948 - durch Vermittlung seiner schweizer Jugendfreunde – erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in die Schweiz
einreisen durfte, entstanden weitere Werke in Lausanne, in Montreux, in Caux und in Ondallay. An seinem 18. Geburtstag
wurde er eingezogen und musste seine geliebte Schweiz verlassen, um an der Westfront Stellung zu nehmen. Wäre der Krieg nicht gewesen, wäre er sicherlich dauerhaft in der Schweiz geblieben.
Als Erwin Bowien in Solingen im Schwarzen Haus seine Künstlerkolonie gründete, war es ihm ein Anliegen seine Künstlerfreunde und Schüler so oft es ging in
die schöne Schweiz zu führen, dem Ort, der für ihn die Keimzelle des vereinten Europas darstellte, ein Schmelztiegel der europäischen Kulturen und ein Land der spektakulären Motive. Erwin
Bowien kannte das Tessin seit den zwanziger Jahren, als er in Locarno regelmäßig seinen Großvater, den Fabrikanten und Globetrotter Adolf Heinrich
Neufeldt besuchte, der so gerne dort weilte. Später besuchte er seine Schweizer Tante und Nichte, die sich dort niedergelassen hatten. Seine Nichte sollte
später Bürgermeisterin einer der dortigen Kommunen werden.
Schon Anfang der 50er Jahre was es den Protagonisten der Künstlerkolonie möglich gemeinsam mit Bowien nach Orselina
oberhalb von Locarno zu reisen und zu arbeiten. Es entwickelten sich daraus regelmäßige Aufenthalte der Künstlergemeinschaft, die von dort aus das gesamte Tessin und das angrenzende Italien nach
Motiven absuchten. Es entstanden Bilder in Orselina, in Locarno, in Bellinzona, auf den Brissago Inseln und im
Maggia Tal. Insbesondere für die wichtigste Schülerin des Meisters war es der Ort der ersten großen Landschaftsbilder.
Der Vater von Erwin Bowien, betrieb Anfang des Jahrhunderts in Zürich ein großes Kunstgeschäft an der Bahnhofstraße nahe dem Hotel Bellevue, mit dem klangvollen Namen „Kunst und Luxus“. Die vielen Freunde des Vaters unterstützen auch den Jungen Erwin Bowien und ermöglichten ihm im Jahre 1917 in Zürich auszustellen. Der wichtigste unter Ihnen war der bekannte Innenarchitekt Berner.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verbrachte er sechs Monate am Stück in der Stadt. Er malte viele Stadtansichten, die Limmatbrücken, das alte Rathaus, die Türme der Peterskirche, des Fraumünsters und des Großmünsters, die alte Markthalle, das Helmhaus usw. Er schreibt in seinen Memoiren: “… Bald hatte ich mir angewöhnt, alle durchblicke der alten Gassen zu zeichnen … . Er nahm auch mit großer Freude am regen Kulturleben der Stadt teil. Später kam Erwin Bowien immer wieder zurück nach Zürich. Die Stadt sollte ihn immer an seinen Vater Erich erinnern, der hier glücklich und erfolgreich gewesen war.
Beim Malen im Tessin, lernte Erwin Bowien die Familie Eggenberger aus Au in St. Gallen kennen. Diese lud ihn zum Malen in den Kanton St. Gallen ein. Daraus entwickelten sich später fast jährliche Aufenthalte in der Gegend. Es entstanden so viele Bilder und Skizzen im Kanton.
Die Berner Familie Roth lud den Künstler nach Bern ein. Dort lernte er im Jahre 1952 anlässlich seiner ersten großen Ausstellung in der Schweiz - sie
umfasste über 100 Werke - nach dem Krieg den Kunstmäzenen Dr. Eduard M. Fallet - von Castelberg kennen. Der Ihn fortan sammeln und fördern sollte.
Die zweite Ausstellung in Bern fand bereits 1954 statt und wurde sehr erfolgreich. Aufgrund seiner Freundschaft mit den Familien Fallet, Roth und
Lehmann-Jenny kehrte er fast jährlich in der Stadt ein und schuf hier Stadtansichten und Porträts.
Erwin Bowien lebte in Weil am Rhein direkt bei Basel. Es entstanden so zwangsläufig zahlreiche Gemälde von Bowien von der Stadt und den Bewohnern. Insbesondere die Baseler Fastnacht faszinierte den Künstler. Um dieses Thema entstanden zahlreiche Arbeiten des Künstlers.
Bowien wechselte seinen Wohnsitz von Hoorn nach Egmond aan den Hoef - nach einer kurzen Etappe in Bergen Binnen- in einem Haus, welches gegenüber der Schlossruine lag und in welcher Descartes gelebt haben soll. Dort lebte eine Malerkolonie. In der Gegend entstanden seine ersten Meerbilder. Diese Gegend erinnerte den Künstler an die Kurische Nehrung, dem Lande seiner Vorfahren. Er befreundete sich in dieser Zeit mit der Familie des Pfarrers Boeke aus Schoorl, mit dem Maler Huismann, der Familie Hemelrijk in Bergen, der Sängerin und Exilantin Rosy Hahn, Vizeadmiral Brutel de la Rivière, des Malers Dirk Oudes, des Malers André Beauchamp, der Familie Groot, der Familie Hünder-Decker, der Familie Swart-Boer, des Arztes Ten Raa, des Pfarrers Nobel und vieler anderer.
Eine kleine Dokumentation über Erwin Bowiens Zeit in Egmond aan Hoef finden Sie als download des W BOOKs Verlags, AE Zwolle, 2021
Artikel über Erwin Bowien in Egmond: www.rodi.nl
Sehr früh, bereits zu Beginn seines Exils, erhielt Bowien Aufträge in Amsterdam und lernte dort Förderer und Auftraggeber kennen. Durch seinen ersten großen
holländischen Mäzenen – Herrn Domine Boeke – kam der Kontakt zur Leiterin eines Kinderheimes, welches im alten
Pestkrankenhaus der Stadt untergebracht war. Er erhielt den Auftrag das Gebäude von Außen und von Innen zu bemalen. So fuhr Bowien einmal wöchentlich mit dem Rad nach Amsterdam. Er schrieb in seinen Memoiren: „… denn die Strecke bis Amsterdam konnte ich
bei günstigem Nordwind ohne große Anstrengung überwinden; auf den günstigen Südwind hoffte ich dann bei der Rückfahrt.“
Mit der Zeit erweiterte sich sein dortiger Freundeskreis, insbesondere der Direktor des Reijksprintenkabinett unterstützte den Maler. Durch diesen gelangten
später Werke Bowiens in die Sammlung des Rijksmuseusms.
Aber auch Privatsammler, wie Herr Lorjai, kauften ihm wichtige Bilder ab. Der Wunsch des Künstlers in dieser Stadt ansässig zu werden, blieb ihm jedoch aus
Kostengründen verwehrt.
Obwohl Erwin Bowien mit der norwegischen Nobelpreisträgerin Ingrid Undset bekannt war - Sie hatte für ihn den Kosenamen „Bo“ erfunden, kam es aufgrund ihres frühen Todes im Jahre 1949 nicht mehr zu einem Besuch in Ihr Haus nach Norwegen. Bei einer Ausstellung in Bern lernte Erwin Bowien im Jahre 1952 die Norwegerin Schweizer Herkunft, Frau Lillengen-Ruch aus Hammar am Mjösa See kennen. Fasziniert von seiner Kunst lud Sie ihn zu einem Malaufenthalt ins norwegische Gjövik ein. Dieser Süßwassersee liegt ungefähr 120 Km nördlich von Oslo in Südnorwegen und beeindruckte Erwin Bowien mit seinen 145 km Länge und seiner malerischen Schönheit tief. Er sollte dort fortan bei der Familie Ottar Lillengen , insgesamt sechs Sommer verbringen. Er schrieb in seinen Memoiren dass diese sechs Malsaisons eine fest umrissene Zeitspanne in seinem Leben darstellen. Er schreibt über diese Zeit in seinen Memoiren : „... ich lernte die familiäre Gebundenheit der Norweger kennen, dass pflegen ihre Beziehungen untereinander, die Freiheit und den Stolz ihres Wesens und die oft bis zur Schwermut bedrückende Einsamkeit. Ich lernte aber auch das Beben von tausenden Birkenblättern in Winde kennen das anmutige Ufer des Mjösa Sees mit Wochen im Sommerhaus und angeln in der Morgenfrühe, die Mitternachtssonne, die zwar dort nicht zu sehen ist, aber den Himmel die ganze Nacht hell erhält. Wenn noch Mondlicht dazu kommt dann sind die Bäume ohne Schatten ...“.
Auf Anregung des Zahnarztes Niels Nielsen in Gjövik, wurde Erwin Bowien zu einem Aufenthalt bei dessen Schwester Arna Milde auf der Insel Alsten in Nord Norwegen eingeladen. Sie führte dort die „Cafeteria Nord“ einem Gasthaus in welchem die Frauen der Fischer und der Bauern auf den sehr verstreuten und unzähligen abgelegenen Inseln die letzte Phase ihrer Schwangerschaft abwarteten, um im Krankenhaus zu entbinden. Sie und Ihr Mann Per Milde empfingen den Maler wie ein König.
Erwin Brodel schrieb in seinen Memoiren „… Norwegen und die Norweger gehören zum edelsten, dass ich fand“. Durch die aufopfernde Frau Milde und Ihrem belesenen Mann Per wurde Bowien in der Inselwelt Heligenlands, dem Land der hohen Sonne, ein vertrauter Gast. Im Norden Norwegens schaut aus der dünnen Humusschicht der Flussufer und Deltas der Fels. Die Wälder, die Millionen Jahre hindurch wuchsen, formten selbst Ihren Humus. In den kleinsten Spalten setzen sich Bäume, Birken oder Kiefern. Dass dies denkbar ist liegt nur an dem Golfstrom. Sandnessjoen liegt nur 70 km von Polarkreis entfernt. Der Maler fand eine Welt erhabener Schönheit und klarer Monumentalität. Er schreibt über diese Landschaft: „... Die Felsen, die wie mächtige Persönlichkeiten vor und zurücktraten, wie mit violetten, orangenem und zinnobere Brokat gestickt - denn nur nasser Fels hat ein farbgewandt –, gaben einmal den Ausblick auf tiefe Fjorde frei oder verengten sich zu beängstigender Nähe und Höhe. Von Zeit zu Zeit sah man ein Haus oder einige Häuser, an manchen Stellen, wo die Felsen Raum gaben für Wiesen und Gärten, auch ein Dorf – zumeist aus gemütlichen Holzhäusern, die jederzeit verändert werden können“.
Im Laufe der vielen Sommer die der Maler dort verbrachte, lernte er viele Menschen kennen und schätzen. So das Lehrerehepaar Skaga, dem Schuldirektor
Ratsö, den Rektor Hansen, den Familien Sand und Witsch, der Familie Liland auf
der Insel Tjötta, der Familie Heyerdal sowie der Witwe Mürberget.
Per Milde nam den Maler auf sein Schiff zu Expeditionen in diese einmalige Inselwelt des Dönna. Er lernte durch Ihn den
Vistenfjord kennen und die Insel Tron mit den großen Felszeichnungen, auf denen sich Tiere und Reisedarstellungen
befinden. Für Bowien war diese Landschaft für sein schaffen die wichtigste Überhaupt - es war „seine Landschaft“.
Die Stadt Trondheim war der dritte wichtige Malort des Malers in Norwegen. Der Künstler der vor allem Landschaften liebte, brauchte aber immer wieder das
Erlebnis der Stadt und der Urbanität. So zog es ihn während seiner Norwegen Aufenthalte immer wieder auch in die Stadt Trondheim zum Malen.
Es entstanden dort sehr viele Gemälde. Er malte viel in den Straßen der Stadt, im Dom und auf den Anhöhen über dem Stadtturm. In Trondheim befreundete er sich mit der Familie Ingeborg und
Aslak Flatin die den Künstler sehr unterstützen.
Erwin Bowien besuchte jährlich Paris. Ihm war es wichtig mindestens einige Tage im Jahr in dieser Stadt zu weilen. Die Metropole wirkte auf ihn wie ein gewaltiges Kulturtreibhaus, in dem unzählige kulturelle Erscheinungen zugleich wirkten. Er freundete sich mit dem Philosophen, Maler und Galeristen Raymond Duncan an, dem Bruder der Weltberühmten Isadora Duncan, der für Ihn im Jahre 1964 eine große Ausstellung ausrichtete, die bei den Kritikern großen Erfolg erntete.
Es entstanden viele wichtige Werke des Künstlers in Paris. So malte er mehrere Ansichten der Place de la Concorde, des Eifelturms, das Institut de France, die Ile de la cité, den Arc de Triomphe, die Champs Élysées und die Pariser Oper.
Bereits in den zwanziger Jahren, reiste Erwin Bowien mehrere male nach Venedig. Die Lagunenstadt war für Ihn einer der schönsten von Menschenhand geschaffenen Orte. Mindestens einer dieser frühen Reisen erfolgte zusammen mit Frieda Enzenroß, seiner ersten großen Muse. Ab den 50er Jahren konnte er wieder regelmäßig nach Venedig reisen und es entstanden viele Werke in der Lagunenstadt. Waren seine ersten Bilder der Stadt hauptsächlich Pastelle, sind seine Bilder aus den späteren Phasen in Öl auf Leinwand ausgeführt.
In seinen letzten Lebensjahren besuchte Erwin Bowien mehrere Male seine wichtigste Schülerin - Bettina Heinen-Ayech - in Algerien. Er malte viele Gemälde in Guelma und in den benachbarten Orten, eine Gegend, die noch sehr Grün ist und einen starken mediterranen Flair hat. Jede Algerienreise führte aber auch in die Wüste Sahara in die Stadt Biskra wo Bowien begeistert diese Landschaft am Fuße des Auresgebirges- die er bereits bei einer großen Reise durch Nordafrika im Jahre 1934 kennengelernt hatte, erneut für sich entdeckte. Insbesondere in den Oasen Biskra, El Kantara und Sidi Okba entstanden Werke.