Erwin Johannes Bowien (1899-1972) wird nicht nur als Maler, sondern auch als öffentlicher Intellektueller wahrgenommen, als „Malerphilosoph“. Seine pazifistische Einstellung und seine gesellschaftspolitischen Vorstellungen führten dazu, dass er 1933 Deutschland freiwillig verließ. Er
propagierte ein unbedingter Pazifismus und ein notwendiges Umdenken, eine Abkehr vom Nationalismus hin in Richtung eines gemeinsamen, eines vereinten Europas. Für ihn waren die Weltkriege auch
ein europäischer Bürgerkrieg.
Bowien fand, dass Europa ein neues Narrativ braucht. Eine Rückbesinnung auf die gemeinsamen Wurzeln. Eine Stärkung der allgemeinen BILDUNG im Sinne von
stärkerer Vermittlung von Kunst und Kultur. Ansonsten drohe die Entfremdung der Menschen von Ihren Wurzeln, uninteressierte Bürger, nicht mit dem Gemeinwohl beschäftigt, sondern nur noch mit sich
selbst. Auch die Entwickelung zu einer reinen Konsumgesellschaft empfand er als bedenklich. Es drohe aus den Menschen vornehmlich Konsumenten zu machen.
Der letzte große Schaffenszyklus seines Lebens – die Darstellung des Rheins von den Quellen in den Alpen bis zu seinen Mündungen in der Nordsee – war eine bewusste
selbstgewählte Aufgabe, um sein europäisches Bewusstsein, seine europäische Gesinnung zum Ausdruck zu bringen, war doch der Rhein für ihn, die europäische Lebensader schlechthin. Er, der
rastlos Malende, ein selbstbewusst seinen Weg ziehender Einsamer in der absolutistischen Kunstlandschaft seiner Zeit, die nur die ungegenständliche Malerei gelten ließ. Der dies aber als
Philosoph annahm und immer nach vorne schaute. Immer mit tiefer Menschenliebe, völliger geistiger Unabhängigkeit und ein Humor wie von Homer. Erwin Bowien
war ein glänzender und unterhaltsamer Erzähler und ein leidenschaftlicher Diskussionspartner. Allen ist er als liebenswerter und fröhlicher Mensch in Erinnerung geblieben.
Das Leben eines Künstlers, ist eine lange Erfahrung, ein schönes Spiel, das zwischen Geist und Welt gespielt wird.