Restaurierung

Restaurierung eines Hauptwerks der frühen Schaffensjahre


Das abenteuerliche Leben des Künstlers Erwin Bowien, seine Flucht quer durch Deutschland in den 40er Jahren, seine ständigen Reisen, die Verbreitung der Bilder in der ganzen Welt, waren vielen seiner Werke nicht zuträglich. Zahlreiche Ölgemälde, Pastelle und andere Papierarbeiten sind immer noch stark restaurierungsbedürftig. Da die Fortschritte auf diesem Gebiet beachtlich sind, sowohl bei der Restaurierung von Ölbildern als auch bei Arbeiten auf Papier, wird hier die Restaurierung eines Hauptwerks der frühen Schaffensjahre vorgestellt. Das Werk wurde liebevoll von Olga von Gregory aus Solingen restauriert.


„Familie Enzenross auf einem Bodenseedampfer“


Das Gemälde „Familie Enzenross auf einem Bodenseedampfer“ (1930) zeigt die fünfköpfige Familie, die eng mit Erwin Bowien befreundet war. Im Mittelpunkt des Gemäldes sitzt die jüngste Tochter, umringt von zwei älteren Schwestern und der Mutter. Vater und Sohn, in die Ferne blickend, bilden einen Kontrapunkt im Hintergrund.

Erwin Bowien ( 1899-1972): Werkverzeichnis N° 53 – Familie Enzenross auf einem Bodenseeschiff, 1930
Erwin Bowien ( 1899-1972): Werkverzeichnis N° 53 – Familie Enzenross auf einem Bodenseeschiff, 1930

Das Gemälde gehört mit den stattlichen Ausmaßen von 136 cm x 200,8 cm zu den großformatigen Gemälden des Künstlers. Erwien Bowien bediente sich der klassischen Technik und verwendete Ölfarben auf hell grundierter Leinwand. Die Malerei ist mehrschichtig deckend aufgetragen und der Pinselduktus ist gut sichtbar. Prominente Bereiche, wie die Gesichter der Personen, sind differenziert ausgeführt. Der Hintergrund und die Randbereiche wurden skizzenhafter gemalt. Bowien verzichtete auf den Auftrag eines Firnisses, so wie es zu seiner Zeit üblich war. Vor Beginn der konservatorischen und restauratorischen Arbeiten befand sich das Gemälde in einem recht schlechten Erhaltungszustand.  Die Leinwand war sehr schwach aufgespannt und wies starke Beulen und Wellen auf. Sie war lediglich mit Reißzwecken am Keilrahmen befestigt. Vermutlich durch diverse Transporte verursacht – möglicherweise wurde die Leinwand früher einmal vom Keilrahmen abgelöst und gerollt transportiert – blätterte an unzähligen Stellen Malschicht ab und ging verloren. Zudem mochten ungünstige Klimabedingungen zur Entstehung der Schäden beigetragen haben. Ziel der Konservierung und Restaurierung war es, das Gemälde in einen stabilen und präsentablen Zustand zurück zu führen. Hierzu wurde zuerst die Leinwand umfassend behandelt. Sie wurde vom Keilrahmen abgenommen und auf einem temporären Spannrahmen befestigt. In einem sogenannten „Klimazelt“ wurde die relative Luftfeuchtigkeit sachte auf 90 % erhöht und dadurch die Leinwand flexibilisiert. Anschließend wurde die Leinwand zwischen säurefreiem Löschkarton getrocknet und beschwert. Die Leinwand konnte wieder auf dem ursprünglichen Keilrahmen aufgespannt werden.

Im Anschluss folgten weitere Massnahmen wie die Reinigung der Oberfläche und auch ergänzende Massnahmen wie Kittungen größerer Fehlstellen und Retuschen der zahlreichen beschädigten Bereiche. Die Retuschen wurden mit lichtbeständigen Gouachefarben (Marke Horadam, Firma H. Schmincke & Co.) durchgeführt. Die Arbeiten wurden durch die Auswahl eines neuen Zierrahmens abgerundet. Zuvor war die Bildwirkung durch die Beulen in der Leinwand und die Fehlstellen in der Malerei geprägt. Nun kann sich der Betrachter wieder auf das farbenfrohe und stimmungsvolle Sujet konzentrieren.

Eine fachgerechte Einrahmung mit entsprechendem Material, hier mit rostfreien TemArt Federblechen und einem säurefreiem Karton als Rückseitenschutz, trägt zur präventiven Konservierung und zur Entschleunigung der Alterung bei. Abschließend sei zu empfehlen, das Gemälde weder dem direkten Sonnenlicht auszusetzen noch über Heizkörper zu hängen und wenn möglich an einer Innenwand zu platzieren.

Detail der Rückseite: Die Einrahmung nach konservatorischen Ansprüchen schützt das Gemälde
Detail der Rückseite: Die Einrahmung nach konservatorischen Ansprüchen schützt das Gemälde

Olga v. Gregory, Solingen